Neues Jahr, Vorsätze scheitern

Neues Jahr, neue Katastrophen: Warum Vorsätze scheitern

Jedes Jahr das gleiche Ritual, das in der Gesellschaft völlig normalisiert wurde, obwohl es eigentlich eine Form kollektiver Selbsttäuschung ist – die Nacht vom 31. Dezember auf den 1. Januar. Kaum schlägt die Uhr zwölf, fühlt ihr euch plötzlich psychologisch dazu verpflichtet, euer gesamtes Leben zu rebooten –

als wäre euer Hirn ein iPhone, das nur mal kurz neu gestartet werden muss, damit es wieder brav funktioniert.
Spoiler: Nein. Ihr seid nicht kaputt. Aber eure Vorsätze sind es. Von Anfang an.

Der Vorsatz-Irrglaube

Psychologisch betrachtet glauben wir, dass der Jahreswechsel ein magischer Neustart ist. Die Realität: Ein Tag macht kein Jahr besser. Trotzdem kaufen wir Fitnessstudio-Abos, Smoothie-Mixer und Motivationsbücher im Bulk. Die meisten Vorsätze scheitern ironischerweise spätestens nach der vierten Januarwoche.

Fun Fact: 80% aller Vorsätze scheitern innerhalb von gut vier Wochen. Und du dachtest, diesmal wäre es anders.

Vorsatz: „Ich werde ab jetzt gesünder leben!“

Psychologisch gesehen aktiviert ihr hier gleich mehrere Mechanismen der Selbstsabotage.

Erstens: Optimismus Bias. Ihr überschätzt maßlos eure zukünftige Willenskraft – die gleiche Willenskraft, die nicht mal stark genug war, um im Dezember „nur EIN Plätzchen“ zu essen.

Zweitens: Present Bias. Ihr wollt zwar in Zukunft fit und strahlend sein, aber jetzt sofort möchtet ihr Chips, Ruhe und WLAN.

Und drittens: Ego Depletion. Eure Selbstkontrolle ist im Januar traditionell so leer wie euer Konto.

Der beste Moment, um gesünder zu leben, ist immer „morgen“.
Und wenn morgen da ist? Dann gibt’s wieder ein morgen.
Ihr kennt das. Ich kenn das. Die Psychologie kennt das auch.

Warum wir uns jedes Jahr selbst reinlegen

Optimismus Bias, Fresh-Start-Illusion, Social Comparison, Kontrollfantasien – was hier nach Buzzwords klingt, steuert ziemlich zuverlässig euer Verhalten. Nicht nur an Neujahr, sondern jeden einzelnen Tag.

Wenn ihr verstehen wollt, warum ihr denkt, fühlt und handelt, wie ihr es tut, dann schaut in meiner Themenseite zum Thema Psychologie. Dort zerkläre ich mentale Abkürzungen, Selbstsabotage und Denkfehler – ohne Räucherstäbchen, aber mit Erkenntnisgewinn.

Vorsatz: „Ich werde produktiver!“

Im Jahr 2026, sagt ihr, wird alles anders. Ihr werdet Deadlines einhalten, Projekte durchziehen, früh aufstehen, To-do-Listen abhaken… HAHAHAHA.

Das ist die Planning Fallacy: Ihr überschätzt eure zukünftige Produktivität und unterschätzt komplett, wie oft ihr euch selbst sabotieren werdet.

Ihr seid keine Maschinen – und selbst Maschinen brauchen Updates. Und ihr habt eures seit 2018 übersprungen.

Vorsatz: „Ich werde endlich mehr Zeit für mich haben!“

Großartig!
Wisst ihr, was hier passiert? Ihr plant eine Zukunftsversion von euch, die psychologisch gar nicht existiert. Die nennt sich Future Self Disconnect – das Gefühl, dass „Zukunfts-ihr“ eine völlig andere Person ist als „Jetzt-ihr“.

Ihr glaubt ernsthaft, dass „Zukunfts-ihr“ entspannter, reflektierter, achtsamer, gelassener und sozial geschickter ist. Aber diese Person existiert nur in eurer Fantasie. Das echte Zukunfts-ihr wird genauso genervt sein wie ihr jetzt – nur müder.

Vorsatz: „Ich werde dieses Jahr endlich weniger arbeiten!“

Dieser Vorsatz ist so realistisch wie ein Detox-Saft, der wirklich entgiftet.
Psychologisch hängt ihr hier im Commitment Creep: Ihr sagt zu allem „Ja“, obwohl ihr innerlich schreit. Ihr wollt Anerkennung, Zugehörigkeit und das Gefühl, gebraucht zu werden – tiefste, reinste Needs-Based Decision-Making.
Dann wundert ihr euch im Februar, warum ihr wieder keine Zeit habt.
Süß. Wirklich.

Vorsatz: „Ich höre mit dem Stress auf!“

Der Vorsatz, der sich anhört wie ein schlechter Witz – denn Stress ist nicht optional, Stress ist ein Jahresabo. Psychologisch betrachtet fallt ihr hier der Kontrollillusion zum Opfer: Ihr denkt, ihr könnt euren Stress managen, indem ihr ihn hübsch in ein Notizbuch schreibt.
Aber Stress ist wie eine dieser unaufgeräumten Schubladen: Je öfter ihr versucht, Ordnung reinzubringen, desto mehr random Kram findet ihr, von dem ihr nicht mal wusstet, dass ihr ihn besitzt.

Und dann wäre da noch der Social Pressure Loop: Kaum sagt ihr öffentlich, dass ihr weniger Stress wollt, kommen zehn Leute und schicken euch „Tipps“. Und zack – noch mehr Stress.
Gratuliere. Whoooo.

Vorsatz: „Ich höre auf, mich mit anderen zu vergleichen!“

Nein, tut ihr nicht. Und ich auch nicht. Weil Social Media euch dafür gebaut hat.
Psychologisch nennt sich das Upward Social Comparison: Ihr vergleicht euer echtes Leben mit den Highlights anderer Leute.
Natürlich fühlt ihr euch dann schlecht – euer Feed ist ja keine Repräsentation der Realität, sondern eine sorgfältig kuratierte Litfaßsäule aus Erfolgen, Körpern, Reisen, cleanen Wohnungen und Menschen, die scheinbar Spaß haben.

Dazu kommt Dopamin Conditioning:
Ihr wisst, dass euch der Scroll-Schmerz tut – aber die Likes tun gut. Und deshalb bleibt ihr im Rad. Social Media ist basically ein Hamsterrad mit RGB-Beleuchtung.

Warum Vorsätze scheitern und wir es trotzdem jedes Jahr versuchen

Weil ihr Menschen seid. Und Menschen lieben Illusionen.
Temporal Landmarks wie Neujahr geben uns das Gefühl eines symbolischen Neustarts.
Eine Art mentale Reset-Taste: „Ab hier fange ich neu an.“

Das nennt sich Fresh Start Effect – großartig erforscht, wunderbar motivierend…
…und komplett zum Scheitern verurteilt, sobald die Realität reinkickt.

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Von: Heidi Schönenberg-Hausdorf

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Heidi Schönenberg-Hausdorf

Hallo

Ich bin Heidi. Offiziell von der IHK gekrönte Software-Hoheit und Social-Media-Maestra. In meiner Wall of Frames hängen Psychologie-Expertise und frische KI-Zertifikate friedlich nebeneinander.
Ich verstehe also Menschen und Maschinen – fragt sich nur, wer von beiden anstrengender ist.

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