Liebe Leute – oder soll ich sagen: Beste Grüße? Moment mal, nein! Ganz ehrlich: Ich bin es leid! Beste Grüße hier, beste Grüße da. Das ist ja das Nonplusultra der Höflichkeit. Aber mal im Ernst: Wessen Grüße sind denn hier wirklich die besten? Eure? Meine? Die vom Chef? Am Ende weiß ich nicht mal mehr, wer jetzt wirlich die besten hat! Der, der zuletzt schrieb? Aber wie lange?
Warum mich „Beste Grüße“ so nervt
Ihr kennt das sicher: Ihr bekommt eine Mail von Kolleg*innen, von Kund*innen, vielleicht sogar von Leuten, die ihr kaum kennt – und am Ende steht: „Beste Grüße“. Oder, noch besser, die ultrafreundliche Variante: „Mit besten Grüßen“. Oder sogar „Viele beste Grüße“. Na gut, letzteres hab ich noch nie gesehen, aber irgendwo wird es sicher schon jemand geschrieben haben. Auf Verdacht klöppel ich sie nun trotzdem hier in meine Sammlung der Gruß-Schanden.
Was sollen die besten Grüße denn bedeuten? Dass ihr glaubt, eure Grüße seien die besten aller möglichen Grüße? Sind das die Goldmedaillen-Grüße, Champions-League-Grüße, Weltmeister-Grüße? Soll ich applaudieren? Soll ich euch eine Ehrentafel errichten, weil eure Schlußfloskel so exzellent sind?
Ich finde, es klingt doch einfach nur übertrieben. Und weil es übertrieben ist, wirkt es nicht mehr authentisch. Es fühlt sich eher nach einer Competition an – wie ein Wettbewerb, in dem alle versuchen, sich mit dem maximalsten Höflichkeits-Blingbling zu schmücken. Wir grüßen uns doch quasi alle gegenseitig mit einer Gruß-Olymp-Plakette: „Hier, nimm diesen Preis, du größenwahnsinniger Gruß-Champion!“.
Verdammte Axt 2000. Niemand bekommt den Pokal. Es gibt keine „Beste Grüße“!
Sprachlich und grammatikalisch: Wo ist der Fehler bei „Beste Grüße“?
So, jetzt wird’s (sprach-)wissenschaftlich: Schauen wir uns die Sprache an.
Die Steigerung bei Grüßen?
Grüße sind keine Qualitätsware, die man nach „gut“, „besser“ oder „am besten“ sortieren könnte. Man grüßt – einfach so, freundlich, herzlich, lieb, förmlich. Oder, so wie ich, wenn ich sauer bin, einfach nur: “Gruß“. Dann gibt’s kein Adjektiv mehr dazu. Und die Mehrzahl sowieso nicht.
Aber „beste Grüße“? Das suggeriert, dass es auch, runterdekliniert, „gute Grüße“ und „bessere Grüße“ geben müsste – was ich zum einen noch nie irgendwo gelesen habe und zum anderen sprachlich absolut keinen Sinn ergäbe. Man kann schließlich nicht einfach die Deklinationen von „gut“ auf den Gruß anwenden, als seien sie messbare Güter.
Das lässt nur einen Rückschluß zu: Ohne jemals die Qualität anderer E-Mails an mich überprüft zu haben, suggeriert die*der Absendende, dass die mitgesendeten Grüße die besten sind. Überlegen. Elitär. Unantastbar.
Logischer Rückschluss
Wenn es „die besten Grüße“ gibt, dann müssten doch auch „die schlechten Grüße“ existieren, damit eine Skala überhaupt Sinn ergibt. Und das zeigt: Die Steigerung ist künstlich. Grüße sind nicht messbar, sie sind keine Güter, sie sind keine Trophäen. Ihr könnt nicht einfach behaupten, eure Grüße seien die besten, wenn es keine Skala dafür gibt. Ergo: Es gibt keine „Beste Grüße“.
Grammatikalisch
„Grüße“ ist ein Substantiv, das hier im Plural steht. „Beste“ ist ein Adjektiv, das substantivisch gebraucht wird. Grammatikalisch ist das an sich nicht falsch – aber das heißt nicht automatisch, dass die Wortkombination inhaltlich sinnvoll ist – nur grammatikalisch ist sie zulässig. Aber nur weil man es sagen kann, heißt das nicht, dass es das Sinn ergibt oder Stil klug ist.
Logischer Widerspruch – ein kleines Gedankenexperiment
Stellt euch vor, jede E-Mail endet mit „Beste Grüße“. Dann:
- Unterscheidet man nicht mehr, wer wirklich Wertschätzung ausdrückt, weil sowieso alle „best“ sind.
- Verliert die Aussage „Meine Grüße sind die besten“ jegliche Vergleichsargumentation.
- Impliziert man, dass das Grußwort messbar ist, was nicht stimmt – sie sind Höflichkeit, keine Trophäe.
Was sagen seriöse Quellen?
Auch die Expert*innen haben schon die Stirn gerunzelt bei „Beste Grüße“. Danke, ich fühle mich verstanden.
- Elisabeth Bonneau: „Beste Grüße“ gibt es nicht – wie man E-Mails korrekt beendet. Von den oft verwendeten besten Grüßen sie rät ab.
- Weitergehend: Schreib bloß nicht „Beste Grüße“ – Warum diese Grußformel in den Papierkorb gehört
- Moritz Freiherr Knigge, Nachfahre des Vaters aller Anstandsregeln, nimmt Abstand von der Grußformel. Aus: Sind «Beste Grüsse» am Ende des Mails beleidigend?
- Jochen Mai: Passende Grußformel: Warum „Beste Grüße“ nicht unter jeder Mail stehen sollte
Fazit: Es gibt keine „Beste Grüße“
Es reicht jetzt mit dem Wahnsinn. Eure Schlußfloskel muss nicht *beste* sein – sie sollte einfach angemessen, ehrlich und kontextgerecht sein. Sprachlich macht die Steigerung wenig Sinn.
Nutzen wir doch lieber stattdessen Varianten, die wirklich zu uns und unserem Kommunikationsstil passen, je nachdem, was der Ton der Mail erlaubt und was wir ausdrücken wollen. Kurz gesagt: Euer Gruß muss nicht der beste sein – er müssen nur euer sein. Und das ist mehr als genug.






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